
Die zwölf Markenarchetypen – Ein bevorzugtes Tool für die Arbeit mit Brands in der Wortwunderkammer
Ein Archetyp ist in der analytischen Psychologie eine Urform, die als Bild in Träumen vorkommen kann und genauso als Figur oder Handlungselement in Geschichten oder Gemälden. Das Interessante ist, dass diese Bilder in mehr oder weniger abgewandelter Form in allen Kulturen existieren. Seit Anbeginn der Zeit. Dem Prinzip ist der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875-1961) vor etwa hundert Jahren auf die Spur gekommen.
Carol Pearson und Margaret Mark haben für ihr „The Hero and the Outlaw: Building Extraordinary Brands Through the Power of Archetypes” (2001) Marken über 30 Jahre hinweg analysiert und festgestellt, dass die sich ähnlicher Strukturen bedienen, um ihre Brands zu entwickeln und zu führen. Meistens ohne sich dessen bewusst zu sein. Ganz wie im Traum oder im Märchen. Zwölf dieser Markenurbilder haben die beiden Autorinnen als archetypisch herausgelöst. Charakteristisch für das Auftreten des Unternehmens gegenüber seinen Kunden. Bis hinein in die Sprache. Und das kann man natürlich auch ganz gezielt steuern. Mach ich auch ganz bewusst.
Neben der Feststellung des allgemeinen Tons und der sprachlichen Anforderungen der Zielgruppe versuche ich beim Briefing oder im Kickoff-Workshop normalerweise, den Archetyp seiner Marke, also seine Identität gemeinsam herauszuarbeiten. Und die Kommunikation entsprechend zu gestalten. Sogar für etwas scheinbar Kurzlebiges wie eine Pressemitteilung oder eine Stellenanzeige. Schließlich prägt Sprache unsere Identität und unsere Identität prägt unsere Sprache. Und die Identität ist der Kern unserer Arbeit im Marketing und Employer Branding.
Marken erzeugen Emotionen. Und auf die reagieren wir als Konsumierende. Der Theorien, wie man diese Zeugung kartographiert und für Markenführung und Abverkauf nutzbar macht, gibt es viele. Manche davon sind unappetitlich manipulativ.
Brand Archetypes, Markenarchetypen, haben einen charmant einfachen Aspekt, eine Marke zu definieren und zu führen: Die Urbilder erzeugen bei allen Betrachteten einen Widerhall. Der zieht mich individuell an. Oder eben nicht. Voilà.
Vor etwas über 20 Jahren haben die Autorinnen Pearson und Mark 12 Archetypen aus einem halben Jahrhundert Markenführung ausgelöst. Die lassen sich in vier Gruppen unterteilen, die menschliche Grundbedürfnisse spiegeln:
💛 Leave Legacy (Vermächtnis)
Befreiung – der Rebell
Macht – der Magier
Meisterschaft – der Held
💜 Pursue Connection (Beziehung)
Intimität – der Liebende
Freude – der Narr
Zugehörigkeit – der Jedermann
💙 Provide Structure (Struktur)
Dienst – der Fürsorger
Kontrolle – der Bestimmer
Erneuerung – der Schöpfer
💚 Explore Spirituality (Spiritualität)
Sicherheit – der Unschuldige
Verstehen – der Weise
Freiheit – der Entdecker
Wird die Marke entlang dieser Handläufe mit Leben befüllt und zum Sprechen gebracht, mit Worten und Bildern, dann schwingt sie. Weil wir als Zuschauer Muster erkennen, mit denen wir vertraut sind. Bei denen wir mitschwingen. Oder eben nicht. Ohne dass der Markenkern in epischer Breite beschrieben werden muss. Was nicht nur Konsumentenmarken zugutekommt, sondern auch im Employer Branding und Personal Branding zu einer begreifbaren Identität führt.
Die unsere Zielgruppe zum Tanz auffordert.
Von Rebellen, Hexen und Helden als Marken
Gelb sind die drei Brand Archetypes, die uns uns im Kern etwas zum Folgen hinterlassen wollen: Freiheit, eine Vision, über sich selbst hinauswachsen. Die drei erzählen uns etwas über Rebellion gegen das bestehende System, über die Suche nach Mehr und über das Bestehen gegen alle Widrigkeiten.
#Storytelling drängt sich natürlich auf, wenn wir mit diesen Urbildern arbeiten. Und Nietzsche. Der hat einmal gesagt, dass nicht jedes Wort in jedes Maul gehört. Und nicht jedes Bild resoniert mit jedem Individuum. Die Bilder selbst versteht jeder. Will jeder so sein, wie das Bild suggeriert? Kaum. Der Archetyp schärft das Bild der Marke.
Schaut Euch unten mal an, wie sich die drei Markenarchetypen gerieren, die mit einem Vermächtnis schwingen. Leaving a Legacy. Stark für klar abgegrenzte Konsumentenmarken und eine provokante #Personalbrand. Und im Employer Branding kann ein Rebell als urbildlicher Charakter gerne auch repräsentieren und reflektieren, wie ein junges, wildes Start-Up als Arbeitgeber tickt.
Praxisbeispiel: Der Magier

Gandalf und die dreizehn Zwerge überzeugen den spießigen Halbling nicht damit, ihn für seine Mitarbeit mit dem vierzehnten Teil eines märchenhaften Schatzes zu bezahlen. Bilbo Beutlin verlässt seine gemütliche Hobbithöhle, weil der Zauberer seine Abenteuerlust geweckt hat.
Der „Meisterdieb“ (h.c.) stolpert in ein großes Abenteuer, bewältigt Herausforderungen und wird schlussendlich zu einem Meilenstein für die Rettung der Welt.
Gandalf, der Graue Wanderer, hat Bilbo mit seinem Wissen und seiner Vision aus der Komfortzone geführt und in einen epischen Helden transformiert. Der Archetyp des Magiers in Reinform.
Wie wirken die archetypischen Eigenschaften des Magiers, „Wissen“, „Vision“ und „Transformation“ bei unseren alltäglichen Abenteuern? À propos „grau“ und „Theorie“, zum Beispiel beim Personalmarketing in einer Stellenanzeige?
Eine fiktive Software-Schmiede in Würzburg sucht die eher rar gesäten C#-Entwickler, möglichst konservativer Natur, ein bisschen wie Hobbits, für Abenteuer in der Welt der Enterprise-Software. Mit einem „Magier“-Archetypen in der Kommunikation mit möglichen Bewerbenden:
„Die Welt da draußen mit stabilen Desktop-Anwendungen zu einem performanten großen Ganzen verbinden? Smartphone-Apps, die Ergebnisse aus dem Büro oder von zuhause überall nahtlos verfügbar machen? Und die mobil die nächsten Schritte in Echtzeit integrieren? Plattformübergreifend? Auch wenn 5G gerade flackert?
Wir machen das möglich. In C#. Mit Xamarin. Aber nicht ohne Profis wie Sie. Kommen Sie zu uns nach Würzburg, machen Sie mit und gestalten Sie die digitalen Lösungen von morgen!“
Die drei Eigenschaften wirken miteinander, erklären Abenteuer, Zweck und Vision in einer Sprache und mit Bildern, die nicht nur von Tolkien-Nerds verstanden wird, aber auch. Möglichkeiten. Gestaltung. Und ein bisschen Magie.
Die Übergänge zu anderen Urbildern, wie hier dem „Creator“ und dem „Explorer“, sind oft fließend, aber die Einladung zur Heldenreise im Tone of Voice des Magiers macht die Ansprache charakteristisch einzigartig.
Von Liebenden, Narren und der Person nebenan
Das purpurne Dreigestirn will vor allem eins – Beziehungen. Im Tête-à-Tête, auf der Beachparty, beim Plausch über dem Gartenzaun. Anders als einsam rebellierende, transformierende oder die Welt rettende Wölfinnen und Wölfe blühen die Verkörperungen dieser Urbilder im Zusammenspiel mit anderen so richtig auf. Auf der individuellen Beziehungsebene oder in der Gruppe.
Narr und Liebender als hashtag#BrandArchetypes stechen heraus und fallen naturgemäß auf. Beide sind als Marke auch nicht einfach zu führen, vor allem wenn sie außerhalb der B2C Lifestyle- oder Konsumgüter-Branche glaubwürdig und mitreißend wirken sollen. Als Brand Voice im #EmployerBranding für ein Startup ist ein „Jester“-Archetyp aber durchaus umsetzbar – wenn die tatsächliche Unternehmenskultur das denn mitmacht.
Einer für alle birgt als Identität für den „Jedermann“, EveryPerson, auf der anderen Seite die Schwierigkeit, sich bei aller Inklusion als eigenständige, unverwechselbare Marke abzugrenzen. Aber hier kann aus der Not leicht eine Tugend gemacht werden. Individuen, die mit „Bestimmer“- oder „Rebellen“-Archetypen schwingen, finden solche Marken per se schon nicht besonders anziehend.
Im Vergleich zum klassischen #Storytelling und mythologischen Urbildern ist der „Jester“ als Brand Archetype tatsächlich nur eine oberflächliche Variante der epischen „Trickster“-Figur. Die spaßigen Avatare aus der „M&M“ und „Old Spice“-Werbung haben mit transformierenden Figuren wie Prometheus, Loki (dem aus der Edda, nicht aus dem Marvel-Universum), Coyote oder den weisen Narren aus Shakespeares Dramen tatsächlich nur wenig gemeinsam.
Wer einen „Trickster“ als hashtag#PersonalBrand verkörpern möchte, sucht sich am besten ein Komplementär zum Narren, einen Magierin zum Beispiel, oder eine Schöpferin. Prometheus aus der griechischen Sage wäre nach dieser Nomenklatur zum Beispiel eher ein Amalgam aus „Rebel“, „Creator“ und „Caregiver“, aber kein „Jester“ – Loki schon (Jester / Rebel / Creator).
Praxisbeispiel: Der Liebende

Himmel voller Geigen. Blicke durch den Raum. Zarteste Versuchung. Die Stimme von Liebenden als #BrandArchetyp konsequent durchzuhalten mag auf den Blick lächerlich einfach erscheinen. Vor allem in der Bildsprache. Herzchen, Blümchen, Küsschen. Schöne Menschen. Garniert mit zauberhaften Captions. Endet ganz schnell im Kitsch.
Bekanntlich gesellen sich zu den guten auch die schlechten Tage und eine Brand Voice muss mehr können als ausschließlich in rosaroten Sprechblasen zu kommunizieren. Auch wenn das #Storytelling ein Happy End noch viel mehr als bei anderen Urbildern suggeriert.
Die Markeneigenschaften von Liebenden sind „sinnlich“ aber auch „empathisch“, die Botschaften suggerieren Nähe und Zuneigung, können erregen aber auch trösten. Da ist also eine Menge kreativer Spielraum für mehr als nur Lipgloss. Und ein „Lover“-Archetyp ist durchaus auch im Employer Branding denkbar – wenn die Unternehmenskultur zum Beispiel Leidenschaft lebt. Glaubhaft natürlich. Und nicht nur mit dem überzogenen Überstundenkonto.
Unser heutiges Beispiel kommt wieder aus dem #Personalmarketing – unsere eher konservative Würzburger Softwareschmiede hat eine neue App für den Vertrieb entwickelt: Gebäude in Industriegebieten werden per Fotoupload KI-gestützt mit Kunden- und freiverfügbaren Daten abgeglichen. Daraus wird ein potentielles Neukundenprofil mit Bedarfen, Verkaufsargumenten und Entscheiderstrukturen generiert, die App erstellt direkt ein Pitchdeck für einen spontanen ersten Kennlerntermin.
Marketing hat sich entschieden, die Vermarktung der Anwendung mit einem „Lover“-Archetyp zu führen – HR schaut mit den Fachbereichen auf das engagierte Entwicklerteam, nickt und folgt. In der Außenkommunikation klingt das dann so:
„Die Art, wie Sie coden, beschreiben andere mit einem Wort: Schön. Schön performant. Schön effizient. Schön einfach. Ja? Dann müssen wir uns ganz einfach kennen lernen. Denn die App, unser Entwicklerteam, das hier in Würzburg auf Sie wartet, und Sie – das wird Liebe auf den ersten Blick.
Erste Beta-Tests haben uns verraten, dass unsere Nutzer:innen auch schon ganz verliebt in unsere neue Anwendung sind. Aber mit den Features, die Sie weiterentwickeln werden – Bilderkennung, Geolocation, KI-verstärkter Echtzeitzugriff auf gut strukturierte Datenbanken – wir sind ganz sicher: Match made in Heaven! Na, wie klingt das? Bereit für das erste Date?“
Leicht, verspielt, verführerisch. Ohne auf Hardfacts zu verzichten. Es müssen also nicht immer Archetypen wie „Creator“, „Magician“ oder „Dictator“ für eine unverwechselbare Brand Voice bei Tech-Themen sein. Und nicht nur in der Endkundenkommunikation.
Von Erfindern, Kümmerern und von schierer Macht
Struktur. Links, rechts, oben, unten. Kümmernde, die dafür sorgen, dass es allen gut geht im Gefüge. Herrschende, die vorgeben, wie eine Struktur auszusehen hat. Schöpfer, die neue Strukturen schaffen. Aber eines haben unsere drei Verkörperungen von Urbildern heute gemeinsam: Sie sind starke Persönlichkeiten, die Strukturen definieren.
Leittiere sind sie alle drei. Auch die Kümmernden. Sicherlich der am leichtesten zugängliche unserer drei Brand Archetypes – Fürsorge bringt immer gutes Karma. Und Rebellen auf die Palme. Deswegen ist bei der Markenführung Vorsicht geboten. Nurse Ratched aus „Einer flog über das Kuckucksnest“ und Annie Wilkes aus „Misery“ sind nicht gerade Sympathieträger. Selbst Papa Marlin aus „Findet Nemo“ hat einen ausgeprägten Kontrollzwang.
Jeder wolle die Welt regieren haben Tears for Fears vor 40 Jahren gesungen. Das ist so nicht richtig. Bestimmer sind einsam. Monolithisch. Und haben in der Regel Recht. Das kann bei weitem nicht jeder aushalten. Ihre Sprache, in Wort und Bild, ist herausragend, Storytelling für die Marke episch. Bestimmer sind einzigartige Marken. Wenn man den kalten Wind erträgt, der um den Gipfel weht. Das gilt auch im Personal Branding.
Apple wird gerne als der Avatar des „Creator“-Archetyps schlechthin gehandelt. Das ist man in Cupertino längst nicht mehr, seit Steve Jobs nicht mehr unter uns weilt. Aber die Idee vom wunderschön einfachen Neuen, das für alle anderen zur Benchmark wird, bleibt präsent. Zumindest so lange Gen Y noch lebt und atmet. Erfinder definieren Strukturen neu, indem sie visionär die Grenzen des Machbaren verschieben. Auch das ist während der ersten Schritte nur sehr bedingt massentauglich.
Weil wir hier bei mir in der WortWunderKammer immer auch darauf lauschen, wie die Stimmen im Employer Branding klingen können – alle drei Urbilder eignen sich hervorragend dafür, Arbeitgebermarken eine unverwechselbare Brand Voice zu verleihen. Viele wählen tatsächlich instinktiv die von Fürsorgenden.
Das muss die Kultur aber auch hergeben. Nichts ist unglaubwürdiger als diese Kombination mit dem überschwänglichen Feiern von Einzelleistungen, einem Elitenbewusstsein und dem dominanten Vertreten eigener Überzeugungen und Werte. Wie die eines Bestimmers. Und ja, die Arbeitgebermarke kann und darf anders klingen als die Consumer Brand des Unternehmens.
Praxisbeispiel: Der Fürsorger

Es ist nicht nur die Patenschaft für allerlei bestenfalls bedingt possierliche Kreaturen. Der Moment, in dem sich Hagrid und Harry zum ersten Mal in 4 Privet Drive, Little Whinging treffen, macht Rowlings herzgewinnenden Halbriesen augenblicklich zur Fürsorgerfigur für den Zauberlehrling. Führung, guter Rat, Hands-on Unterstützung, auch in ausweglosen Situationen. Und immer eine weltenzerrende Tasse Tee im gemütlichen Häuschen in der Waldeinsamkeit.
Rowling hat Harry Potters zweiten Ziehvater ganz bewusst nach dem Vorbild fürsorglicher Figuren aus Mythologie und Folklore modelliert. Und auch wenn Hagrid in der narrativen Traumwelt selbst nicht unumstritten ist, wir als Lesende wünschen uns natürlich alle eine Figur wie den Pfleger magischer Geschöpfe und Hausmeister von Hogwarts an unserer Seite.
Als Brand Voice ist der „Fürsorger“ scheinbar einer der leichter zu führenden Markenarchetypen. Warm, beruhigend – Helfer und Unterstützer, wenn wir ihn brauchen. Und das ist, sind wir mal ehrlich, eigentlich fast immer. Wenn wir nicht grundsätzlich mit den gegensätzlichen Brand Archetypes schwingen, die Grenzen verschieben und eher einsame Wölfinnen und Wölfe sind. Fürsorgende sind nicht sehr oft die Protagonisten im typischen Storytelling. Eine scharfe Abgrenzung zu anderen Marken ist entsprechend nicht leicht.
Als Leitmotiv sind „Caregiver“ im Employer Branding relativ häufig anzutreffen. Gerne ohne, dass die Marke bewusst so definiert wurde. Der Archetyp verkörpert an sich schon die meisten Eigenschaften, die wir mit einem guten Arbeitgeber in Verbindung bringen. So eine Art Hagrid, der uns dabei unterstützt, Hermione Granger oder Harry Potter zu sein. In der Praxis klingt das dann üblicherweise so:
„Wir machen für unsere Kunden die Welt der Business-Kommunikation jeden Tag ein bisschen besser. Und Ihr Arbeitsleben. Weil wir wissen, dass Sie nur in einer Umgebung Ihr Bestes geben können, in der Sie sich gut verstanden und gut aufgehoben fühlen.
Persönliche Umstände und Wünsche an den Arbeitgeber können sich von einem Tag auf den anderen ändern. Was sich nicht ändert, ist unser Anspruch, mit Ihnen zusammen dafür die bestmögliche Lösung zu finden. Genau so, wie wir das auch für unsere Software machen. Nicht immer gleich perfekt, aber jeden Tag ein bisschen besser. Wir kümmern uns darum. Versprochen.“
Dass die hehren Worte des „Fürsorgenden“ natürlich einer Realitätsprüfung standhalten müssen, versteht sich von selbst. Gerade bei dieser Art der Führung einer Arbeitgebermarke. Ein stark kompetitives Umfeld eignet sich beispielsweise nur sehr bedingt für diese Art der Ansprache – auch wenn die Belegschaft nicht sagen würde, man arbeite für einen schlechten Arbeitgeber.
Von Entdeckern, Unschuld und Weisheit
Man muss nicht alles anfassen können. Nicht einmal begreifen. Auch wenn Intuition nicht unbedingt die starke Seite von Weisen ist. Dass es mehr Ding‘ zwischen Himmel und Erde gibt als unsere Schulweisheit sich träumen lasst, wissen alle drei unserer Archetypen heute. Die einen wollen sie finden, die anderen erklären, irgendwie, und die Unschuldigen sind einfach froh, dass es sie gibt.
Selbst Unschuldige als Brand Archetypes sehnen sich nach Dingen, die nicht unbedingt dinglich sind. Ein Zuhause. Ein Lächeln. Ein gutes Gefühl. Die Aufrichtigkeit als Eigenschaft der Unschuldigen sprengt natürlich den Narrativ, wenn FMCG-Konzerne sich im echten Leben wie archetypische große, böse Corps gerieren. Dass jedes Produkt im Angebot Konsumierende mittelfristig zum Alptraum für jede Krankenkasse macht, hilft der Glaubwürdigkeit auch nicht unbedingt. Aber als Brand Voice wird der „Innocent“ Archetyp vor allem im Fast-Food-Umfeld stringent durchgehalten.
Story telling in Wort und Bild ist für die Führung von „Explorer“ Markenarchetypen natürlich eine der leichtesten Übungen. Nicht nur, weil das Urbild des Entdeckers an sich schon Geschichten selbst verkörpert. Die Abenteuerreise ist eine der Grundformen der Erzählung, die sich überall in 5.000 Jahren Literaturgeschichte wiederfindet, angefangen bei Gilgamesch und Odysseus. Diesen Helden passende Ausrüstung oder Fortbewegungsmittel zur Verfügung zu stellen – ein Kinderspiel der Vorstellungskraft. Aber Entdecker können noch viel mehr als eine physische Reise tun. Die Bilder bleiben strukturell vergleichbar… to boldy go where no one has ventured before.
Wenn Wissensvermittlung im weitesten Sinne nicht Unternehmenszweck ist, finden sich die Weisen als Markenarchetypen selten. Auch wenn die Vorstellung des „Sensei“ in der Popkultur während der letzten 50 Jahre ziemlich griffig geworden ist. Umso mehr wird das Motiv – bewusst oder unbewusst – im Personal Branding gespielt. Der Weise ist der archetypische Coach der uns auf den rechten Weg der Erkenntnis führt.
Als Brand Voices im Employer Branding funktionieren alle drei ebenfalls – gerne im Gleichklang mit der Stimme, die sich das Unternehmen in der Kommunikation mit Kunden verliehen hat. Produkte und Dienstleistungen solcher Firmen haben ohnehin eine besondere Anziehungskraft auf bestimmte Bewerberzielgruppen – die das Angebot in der Regel auch privat nutzen. Das zahlt mehr auf die Arbeitgebermarke ein als jeder Benefit.
Praxisbeispiel: Der Entdecker

„Noch einmal sah sie mit halbgebrochenem Auge auf den Prinzen, dann stürzte sie sich vom Schiffe ins Meer hinab und fühlte, wie ihre Glieder sich in Schaum auflösten.“ Hans Christian Andersens stark autobiographisch eingefärbte „kleine Seejungfer“, die sich in einen Sterblichen verliebt, einen faustischen Pakt schließt, um ihre Seele ringt, scheitert und sich schließlich buchstäblich in Luft auflöst – sie hat nur ganz wenige Gemeinsamkeiten mit Disneys Trickfilmfigur „Arielle“, die 1989 das Licht der Welt erblickte.
Als wäre sie mit Gene Roddenberrys „Star Trek“ groß geworden, macht sich Arielle mutig zu Lebensräumen auf, die nie eine Nixe zuvor gesehen hat. Andersens Seejungfer, archetypisch „Innocent“ und arg in die Irre geraten, wird bei Disney zur „Entdeckerin“, die zu guter Letzt nicht nur den Prinzen, sondern eine ganze neue Welt für sich gewinnt. Mit Lust aufs Abenteuer, neugierig und furchtlos.
Alle, die sich vorstellen können, auch mal im Sumpf zu übernachten, statt regelmäßig über Nacht zu versumpfen, finden schnell Anknüpfungspunkte zu Marken, die mit dem Brand Archetype „Explorer“ geführt werden. Und das ist bei weitem nicht nur auf Allwetterkleidung und Campingzubehör beschränkt. Ein bisschen Reinhold Messner oder Amelia Earhart steckt in vielen und ein SUV ist oft mehr als nur ein Statussymbol.
Zum Abschluss unserer Reihe über StoryTelling mit Markenarchetypen setzen wir heute Tropenhelm und Staubschutzbrille auf, reisen noch einmal nach Würzburg und besuchen unsere mittelständische Softwareschmiede. Diesmal suchen wir hier auf Personalmarketing -Mission Softwareentwickelnde, die das Team mit Expertise in der Verarbeitung von Geolokationsdaten unterstützen sollen. Ihr erinnert Euch? Die ursprüngliche Brand Voice für die App und das Team klang nach „Lover“ – wir fügen heute die „Arielle“-Komponente hinzu:
„Wollen Sie immer ganz genau wissen, wo sie gerade sind? Wahrscheinlich nicht –unsere App schon. Weil die mit Geodaten mehr als nur Landkarten generiert. Für Profianwendende. In Echtzeit. Die Erfassung und Organisation räumlicher Daten auf Basis von GIS und RIS ist für jemanden wie Sie natürlich längst kein Neuland mehr. Aber schauen Sie sich doch mal an, was wir damit vorhaben! Ums kurz zu machen: Auf Sie wartet ein echtes Abenteuer. Sind Sie dabei?“
Anders als bei einem Produkt aus der FMCG-Welt, das ich grundsätzlich zum unverzichtbaren Utensil für forschende Geister erklären kann, wenn meine Buyer Persona da mitgeht, ist beim Employer Branding Vorsicht geboten. Wie immer. So spritzig und innovativ die Brand Voice eines „Explorers“ auch klingen mag, die Unternehmenskultur muss die Typen aushalten können, die sich von dieser Sprache angezogen fühlen. Aber das gilt schlussendlich für alle Brand Archetypes, die wir verwenden wollen.
Und jetzt sind Sie gefragt! Sie wollen Ihre Marke oder Employer Brand unter dem Gesichtspunkt eines passenden Markenarchetypen führen – oder Ihre Texte entsprechend klingen lassen?
Dann lassen Sie uns darüber sprechen, wie wir das anstellen – vereinbaren Sie doch gleich einen Termin oder rufen Sie an!
